Do simple things with tons of love / Möglichkeiten

Im Haus der Göttin

Kurzgeschichten - Liebesbriefe die das Leben schreibt

Sich selbst aufzugeben bedeutet sich zu verlieren.
Sich zu geben heißt mitten in der Schöpfung
zu stehen, zu rufen und zu vertrauen.

Prolog

Liebesbrief//Winterreifen
Im VOX-Automagazin geht es um Winterreifen Welche Profile bei welcher Wetterlage und welchem Straßenbelag die Richtigen sind und wieso. Während ich entspannt hinhöre, meine Winterreifen sind schon drauf, wechselt mein Hörsinn den Kontext, die Wellenlänge und ich höre den Moderator Eins zu eins wie über Beziehungen sprechen. Die menschlichen Beziehungen im auf und ab der Wetterlagen des Wie und Was. Was Winterreifen doch so alles drauf haben.

Liebe ist keine Leidenschaft, Liebe ist kein Gefühl; Liebe ist ein tiefes Einvernehmen, dass jemand anders dich einfach vollständiger macht. OSHO

Liebesbrief//Fühle dich angekommen
Dezember – um die Mitte herum fängt es spätesten an und hält bestimmt bis in die ersten Tage des neuen Jahres. Als Kind hat sie es Herzhören genannt. Das Versprechen, das in dieser Zeit lag, hatte etwas ganz Eigenes, wie es so in keiner anderen Zeit lag.

Und in diesem Jahr war es noch einmal besonders Anders – sinnenwach, alles Leben so nah unter der Haut. Sie war happy eine Frau zu sein und fand es grandios, dass fast alle Versuchungen vom Christstollen, Lebkuchen und Marzipan ohne Bedauern an ihr abperlten. Etwas in ihr war grundlos froh und freute sich. Sie war sich selbst nah, so könnte es immer bleiben.

Kurz nach Weihnachten geht es seit einigen Jahren wahlweise über den San- Bernardino-Pass oder durch die Via Mala, zum Laggo Maggiore jenseits der Alpen. Die Ebene von Bellinzona bis nach Ascona war dann die Strecke, auf der das italienische Gefühl endgültig durchbricht. Deutlich wärmer, nimmt silbrig spiegelndes Licht sie mit in die wohlige Trägheit nach getaner Jahresarbeit und die Freude auf das, was kommt. Ein erster Espresso und Rotwein mit Olivenbrot. Dann weiter auf der Strada Statale 34 del Lago Maggiore rechts am See entlang, nach 45 km die zweite Ausfahrt im Kreisverkehr Corso Milano/SS33, im Tal durch die Serpentinen hinauf bis Pratolungo, Via Pratolungo, 47.

Die Anreise, ist ein Fest in sich. Zu dieser Jahreszeit über die Alpen zu ziehen weckte in ihr Gefühle oder sind es gar Erinnerungen, wie über archaische Grenzen zu ziehen. Seit einigen Jahren feiert sie dort einen besonderen Jahreswechsel, ein Liebesfest. Die Anderszeit, wie die Raunächte, die Zeit zwischen den Jahren, auch genannt werden, verbindet das bewegliche Mond- mit dem festgelegten Sonnenjahr. Sie wurden eingeführt, um diese beiden unterschiedlichen Zeitmesserinnen miteinander in Einklang zu bringen, beide Kräfte auszugleichen und in eine neue Oktave der spiraligen Bewegung der Zeit zu heben. Die Magie dieser Zeit kann einzigartig die Liebe wecken.

Und so kam es dann auch. Der Anfang von einer großen Liebe. Und sie fand, das sie beides hatte – von Anfang an. Segen und Vernichtung. Die Götter, die man ruft, kommen und die anderen auch. Wer sich als Shiva und Shakti begrüßt, lässt sich auf einen nicht asphaltierten Weg und auf ein mächtiges Abenteuer der Menschwerdung ein. FRAU UND MANN. Es geht nicht anders, als darin und daran zu wachsen.

Nach einem gemeinsamen Gruppenritual am Silvesterfeuer bleibt sie noch. Nur das Knacken und Zischen des Feuers ist jetzt noch zu hören. Die Gluthitze von vorn, die Kühle der Berge im Rücken, umhüllte sie der unberührte, heile Moment des neuen Jahres. So singt sie das 100-silbige Mantra. Dann geht sie auch an die Bar.

Aus dem Augenwinkel hatte sie den Hut schon am Feuer gesehen. Jetzt sah sie auch den Mann darunter. Und er schaute sie an. „Du singst das 100-silbige Mantra?“ „Ja.“ „Fühl dich angekommen“, und er nahm sie einfach in die Arme. Wie sehr sie sich nach diesen Worten gesehnt hatte und dem Raum, den diese Arme versprachen. Welche Dimensionen das annehmen sollte, war für den Bruchteil einer Sekunde greifbar nah und gleich auch wieder verschwunden. So fing es an! Im Haus der Göttin existiert alle Zeit.